Danke and den Bund Sozialdemokratischer Akademiker:innen für die Co-Auszeichnung meiner Dissertation mit dem Dr. Caspar Einem Preis. Gemeinsam mit der Co-Preisträgerin Julia Ebner durfte ich meine Arbeit vorstellen und daraus wurde im Handumdrehen ein intensives Gespräch über Rassismus und Rechtsextremismus und politische Strategien dagegen. Hier ist der Link:
I made a video (7 minutes) on climate racism and climate solidarity. These two concepts are central for my next research project that I will start in January.
Meine Lieblingsradiosendung „Andruck, das Magazin für politische Literatur“ hat ein Interview mit mir zu meinem Buch „Wir Zukunftslosen“ gemacht. (Dauer: 11 Minuten) Hier ist der Link zum Anhören:
Die letzten 4 Jahre habe ich an meiner Doktorarbeit zur Flucht in der politischen Theorie gearbeitet und für unser kleines Kind gesorgt. Ich habe an den Sandkästen mit einer zukunftslosen Generation gespielt und währenddessen zur Flucht an die Strände eines sich abschottenden Europas geschrieben.
In der Figur des flüchtenden Kindes überlagern sich die vergangenen und die kommenden Verwüstungen, verdichten sich Weltverlust und Zukunftslosigkeit. Die flüchtenden Kinder sind aber nicht nur paradigmatische politische Figuren des 21. Jahrhunderts, weil sie ihre Welt verloren haben, sondern auch, weil sie für ihr Recht auf Zukunft kämpfen. Anstatt sie zu machtlosen Opfern zu erklären, möchte ich ihre Fluchten deshalb als politische Handlungen beschreiben. Mit Mitleid und Menschenrechten allein lassen sich Grenzen und globale Herrschaftsstrukturen nicht aus den Angeln heben. Dafür braucht es die transnationalen Politiken der Flüchtenden und der solidarischen Bewegungen. Sie entfalten Gegengeschichten, entwickeln Slogans, schaffen Begriffe und Wahrnehmungsweisen, die staatliche und wirtschaftliche Gewalt benennen. Sie fordern Verantwortung und radikale Veränderung statt milder Gaben ein.
Wir Zukunftslosen verstehe ich als Teil all der Versuche, die Kämpfe an den Verwerfungslinien von Race, Klasse, Geschlecht zu verbinden. Das mutige „Wir“ des Titels bleibt aber ein uneingelöstes Versprechen. Ich habe keine Stimme gefunden, um eine politische Erklärung der Zukunftslosen zu schreiben. Das Buch macht sich trotzdem auf die Suche nach Standpunkten, von denen aus sich, zärtlich und verwundbar, kämpferisch und bündnisfähig, irgendwann einmal transnationale Solidarität denken ließe.
Migrationspanik
Fluchtbewegungen lösen in Europa schrille Panikreaktionen aus. Panzer und Soldat*innen werden an Grenzen geschickt und für Milliarden von Euro werden Mauern, Zäune und digitale Grenzbefestigungen hochgezogen. Europa setzt an seinen Außengrenzen auf die Zusammenarbeit mit autoritären Herrschern, Diktatoren, Paramilitärs und Milizen und macht sich so erpressbar. An den Grenzen wird scharf geschossen, Flüchtlingsboote werden abgedrängt und Menschen werden zu Tausenden dem Tod überlassen. Rechtsextreme Flüchtlingspolitiken spalten die europäischen Gesellschaften im Inneren mit chauvinistischem Populismus. Ein Jargon des Hasses frisst sich durch Medien und Politik. Demokratien werden zu autokratischen Staaten umgebaut. Grundrechte werden ausgehebelt und Gewalt wird normalisiert. Flüchtlingsunterkünfte werden angezündet und Menschen auf den Straßen attackiert. Terroranschläge zielen darauf, rechtliche und demokratische Grundordnungen aus den Angeln zu heben. Die rassistischen Flüchtlingspolitiken sind wie ein Brandsatz, der die Gesellschaften und Staaten ebenso wie die internationalen Beziehungen in Flammen setzt.
Gleichzeitig waren die Fluchtbewegungen 2015 gemeinsam mit den gewaltigen solidarischen Reaktionen, die sie auslösten, eine der größten sozialen Bewegungen, die es in Europa je gab. Während des langen Sommers der Migration engagierten sich Millionen von Menschen, leisteten Fluchthilfe, halfen an den Bahnhöfen und in Erstaufnahmeeinrichtungen. Tausende NGOs und soziale Netzwerke entstanden, die Wohnraum, Kleidung, Dinge des täglichen Bedarfs, Nachhilfe, Deutschkurse und Rechtsvertretungen organisierten. Freundschaften, solidarische und alle möglichen anderen Beziehungen verbinden die Sesshaften seither mit den Flüchtenden. Eine neue Welle von Kämpfen gegen Abschiebungen wurde mit großen Demonstrationen und den Blockaden von Wohnhäusern, Schulen und Flugzeugen bis in die Medien getragen. Der aktivistische Teil der Fluchtbewegungen organisierte Märsche und besetzte Plätze. Verschiedene Städtebündnisse setzen sich seither für eine solidarische Aufnahme ein und die politischen Bewegungen machten an den Grenzen nicht halt, sondern folgen den Fluchtrouten: Seenotrettungsschiffe wurden gechartert, Alarmphones für das Mittelmeer und die Sahara eingerichtet.
Europas Identitätskrisen
Aus organisatorischer Sicht kann es eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt nicht überfordern, die ankommenden Menschen zu verteilen und ihnen ein neues Leben zu ermöglichen. Doch Europa bläst den Themenkomplex zu einem politischen Spektakel auf. Migrationspanik oder Solidarisierung? – Die gegensätzlichen Reaktionen auf die Ankunft einiger hunderttausender Flüchtender im Jahr decken die Spaltungen innerhalb der europäischen Gesellschaften schonungslos auf. „Wie hältst Du es mit den Flüchtlingen?“ – Die Frage ist zur politischen Gretchenfrage geworden, an der sich die Zerrissenheit ganzer Gesellschaften ablesen lässt. Die Begegnung mit den Flüchtenden wurde zu einer Art politischem Wahrheitsmoment, mit dem seither eine grundsätzliche ideologische Positionierung eingefordert wird. Politische Rechte und Linke spalten sich an dieser Frage. An ihr verhandeln Europäer*innen, was Freiheit, Gleichheit und Solidarität bedeuten sollen. An ihr soll sich entscheiden, was demokratisch ist, ob der Wohlfahrtstaat eine Zukunft hat und ob der globale Kapitalismus Freiheit oder Gewalt bringt. Die Flucht wurde so massiv politisiert und mit allen nur erdenklichen Fragen überladen, dass es offensichtlich in den Debatten nicht mehr um die Flüchtenden, sondern um ein fundamentales Selbstverständnis geht.
Wenn die Menschen in Europa über Flucht sprechen, dann sprechen sie über sich selbst. Darüber, wer sie waren, sind und sein wollen. An der Frage der Flucht soll sich klären lassen, was ein gutes und was ein schlechtes Europa ist. Öffentliche Flüchtlingspolitiken sind zu einem großen Teil politische Nabelschau der Europäer:innen, die von der Begegnung mit den Flüchtenden nicht nur aus dem Tritt gebracht, sondern existenziell verunsichert werden. Die europäische Identität scheint im Umgang mit Fluchtbewegungen auf dem Spiel zu stehen. Eigentlich sollten es die Flüchtenden sein, die um ihre Identität ringen, wenn sie ihre Geschichten erzählen, ihre Fluchtgründe belegen und ein neues Leben beginnen müssen. Es stellt sich allerdings schnell heraus, dass die Flüchtenden im Fluchtspektakel nur wenig zu sagen haben. Es wird über sie berichtet und über sie gestritten, es wird über sie entschieden und über sie nachgedacht. Sie selbst tauchen dabei meist gar nicht auf. Identitätspolitik wird immer wieder abgetan als Problem von Minderheiten, dabei machen die politischen Kämpfe um die Flucht vor allem eines deutlich: Die „normale“ Identität der Mitte steckt in der Krise. Wer sind die Europäer*innen? Wie können sie behaupten, sich für Menschenrechte und Demokratie einzusetzen, wenn sie Zehntausende an ihren Grenzen sterben lassen? Wo liegen die Grenzen ihrer Plädoyers für Demokratie und Rechte? Wollen sie sich liberal oder sozial, demokratisch oder autoritär organisieren? – Mit der Ankunft von Flüchtenden werden fundamentale ideologische Fragen gestellt. An den Flüchtenden wollen die Menschen in Europa ihre politischen Wahrheiten ablesen.
Die Zerbrechlichkeit der Sesshaften
Die extremen Reaktionen auf Fluchtbewegungen, die Wellen aus Panik und Euphorie, Hass und Mitleid, Abwehr und Vereinnahmung deuten aber weniger auf eine universale Wahrheit als vielmehr auf einen neuralgischen Punkt im Selbst- und Weltverhältnis in Europa. Es gibt eine autochthone Fragilität, eine Zerbrechlichkeit der Sesshaften, die durch die Begegnung mit Flüchtenden getriggert wird. …
Das ganze Buch gibts überall im Buchhandel, online und offline.
Über Einsamkeit und Protest in Zeiten der Vielfachkrise
Der Lockdown überfordert mich zunehmend. Jeden Tag irre ich stundenlang im Internet herum, wobei ich selbst nicht sagen kann, was ich da suche. Die warme Gemütlichkeit des Sofalebens ist einer beengenden Tristesse gewichen. Je länger mein öffentliches Ich nicht mehr in Aktion tritt, desto hemmungsloser lasse ich meinen Trieben freien Lauf. Der tägliche Empörungslivestream der social media liefert recht ungefiltert Hass, Wut und Liebe und die User:innen pöbeln und schreien sich so ungeniert und ungefiltert an, wie sie auf anderen Seiten ihr Bedürfnis nach Pornografie und Gewalt stillen. Ohne den Kontrast des öffentlichen Raums, verkommt das Privatleben zu einem Ausleben niederer Instinkte. Alle streiten sich. Bei mir im Haus sind im Zuge der Lockdowns schon zwei Väter ausgezogen. Das liegt in der Logik der privaten Nahwelt, die sich so schwer tut Unterschiede, Distanz und Vielfalt zuzulassen. Gewalt ist die Folge dieser Enge und Depressionen. Die Hölle, das sind die anderen.
Die einzig nennenswerte politische Protestbewegung, die in der Coronakrise einen Ausgang aus der unverschuldeten Privatheit verspricht, ist auf den zweiten Blick allerdings leider keine politische, sondern eine private. Meine Mutter hat das sofort verstanden: Die sogenannten Coronakritiker:innen suchen letztlich Liebe. Darum wollen sie keine Masken zwischen sich und darum herzen sie sich so inbrünstig. Die Coronademonstrationen sind private Bewegungen, getrieben von vereinsamten und verlassenen Menschen, die auf der Suche nach Nähe, Zärtlichkeit, Anerkennung und Intimität sind. Das zeigt sich nicht nur in der Masse der Evangelikalen, die in den Protesten mitlaufen und Impfungen und Mundschutz durch das Blut und die Liebe Christi ersetzen wollen. Es zeigt sich auch in den hippiesken Näheorgien aus Umarmungen, Tänzen, Trommeln und Wohlfühlesoterik, deren Holismus das Private und das Öffentlichen und überhaupt auch alles anderen zu einem Einheitsbrei zerkocht. Anschlussfähig ist die Nahweltmetaphorik von der Liebe aber auch für die rechtspopulistischen und rechtsextremen Bewegungen und Parteien, die schon immer die identitäre Verschmelzung des wahren Volkes propagierten und meinen die Nation wäre ein Haus, die Partei eine Familie und die Öffentlichkeit eine Wirtsstube.
Neben diesen drei Randgruppen der politischen Distanzlosigkeit, werden die Proteste aber vor allem von Menschen getragen, für die politische Handlungen Neuland sind. Oliver Nachtweys Studie zu den Demonstrationen zeigt, dass die meisten Teilnehmenden dabei zum ersten Mal politisch aktiv wurden. Sie erleben ihre ersten Massenproteste so intensiv, dass sie die eigenen Märsche gleich für millionenstarke Bewegungen halten. Sie denken außerdem, dass sie für Freiheit kämpfen würden und das ist nur dann verständlich, wenn man annimmt, dass sich ihre kleinen Protestorgien für sie anfühlen, wie eine sexuelle Revolution. Dazu passt gut, dass die Ehe einer Bekannten in den Protesten und den Ausflügen in die Hauptstadt, in nächtlichen Debatten und gemeinsamer Erregung ein neues Fundament gefunden hat. Die meisten gehen aber wohl nicht zur Rettung ihrer Beziehungen, sondern allgemein wegen ihrer Isolation, ihrer Verlorenheit und ihrer Beziehungsarmut auf die Straßen. Niemand kann schließlich ewig allein in der Badewanne bleiben.
Diese innere Leere wäre ein guter Ausgangspunkt für eine Politisierung, würde sie von politischen Protestbewegungen katalysiert. In den privaten Massenbewegungen wird sie aus Mangel an überzeugenden Alternativen allerdings leider verschwörungstheoretisch gekapert. Das perfide an Verschwörungstheorien ist, dass sie einen Keim von Wahrheit enthalten. Diesen Keim ersticken sie dann aber mit Empörung, Wut, Antisemitismus, Rassismus und Gruselgeschichten. Das wissen ihre Anhänger:innen auch selbst. Niemand glaubt wirklich an Verschwörungstheorien und sie werden deshalb mehr geraunt als erzählt: „Es könnte ja sein, dass…“ Dieses Ohr-an-Ohr-Geraune bleibt notwendigerweise privat, da sich Verschwörungstheorien öffentlich überhaupt nur andeuten und nicht überzeugend erzählen lassen. Verschwörungstheorien erzeugen verschwörerische Sekten und keine politischen Öffentlichkeiten. Es sind letztlich Gruselgeschichten und es ist kein Zufall, dass die aktuellen Versionen Vampir- und Zombiegeschichten ähneln. Sie bergen aber auch einen wahren Kern. Das gilt auch für die Schauergeschichte QAnon. Es stimmt ja irgendwie, dass vielen Menschen die Lebenskraft, oder eben symbolisch das Blut, ausgesaugt wird und andere daraus Gewinn schöpfen. Ausbeutung nannte Karl Marx das und hier liegt der Kern des Problems der Protestbewegungen: Die Politneulinge machen ihre ersten politischen Erfahrungen traurigerweise in einer Melange aus Esoterik, Evangelikalismus und Rechtsextremismus. Das ist deshalb traurig, weil sie dadurch gezwungen werden auf Verschwörungstheorien anstatt auf handfeste politische Theorien zurückzugreifen.
Hannah Arendt kritisierte die Massengesellschaft, weil in ihr die öffentliche und politische Welt „die Kraft verloren hat zu versammeln, das heißt zu trennen und zu verbinden.“ Diese Kraft zu versammeln versteht sie wie einen Tisch, der eine spezifische politische Distanz einrichtet. Anstatt wie auf dem Sofa ineinander zu fallen, setzt mensch sich am Tisch immer gleichzeitig zusammen und auseinander. Im Gegensatz zum Geraune der Verschwörungstheorien schafft der Tisch eine politische Distanz zwischen Menschen und er garantiert allen einen eigenen Standpunkt und eine eigene Perspektive. Diese politische Distanz heißt auch Solidarität und sie kann durch plurales gemeinsames politisches Handeln immer wieder erneuert werden. Das ist teils sehr einfach, beispielsweise durch das Tragen einer Maske und die gemeinsame Sorge für alle, die in der Pandemie besonders verletzlich sind. Doch leider sind die zentralen Werte der modernen Massengesellschaften wirtschaftliche Freiheit und national-soziale Gleichheit und eben nicht Solidarität. Die Solidarität fällt in der Verschmelzung von privaten und öffentlichen Räumen unter den Tisch, wofür die Liebes- und Hassorgien der social media ebenso einstehen können, wie Trumps Liebesgeständnisse an das eigene Volk oder die Intimität der Coronaproteste.
Was wir mit Corona erleben, ist keine einmalige Krise. Es ist die Zuspitzung eines langen Verfalls der Solidarität durch die Privatisierung der politischen Freiheit zu einer rein wirtschaftlichen Freiheit des Konsums, der immer auf Kosten der anderen und der Gemeingüter geht. Wir erleben die Folgen von Jahrzehnten der neoliberalen Aushöhlung der sozialen Institutionen der Gleichheit, die sowieso schon immer nur mit dem richtigen Pass zu haben waren und die immer exklusiver werden. Corona macht Arendts Kritik an der modernen Massengesellschaft brandaktuell: Die Coronakrise ist kein Ausnahmezustand. Sie ist die logische Konsequenz des neoliberalen Kapitalismus. Am Grunde der Einsamkeit der Menschen liegen nicht der Virus und die getroffenen Maßnahmen, sondern eine gesellschaftliche Organisationsform, die den öffentlichen und den privaten Raum gleichzeitig zerstört hat. Die kapitalistischen Massengesellschaften organisieren sich um Arbeit und Konsum, anstatt um Solidarität und gemeinsames Handeln. Hier liegt das zentrale Problem, auf das die extreme Privatisierung Coronas aufmerksam macht: Freiheit bedeutet nur noch die Freiheit zum privaten Konsum. Freiheit wird im neoliberalen Kapitalismus als Eigentum der privilegierten Mittelschichten verstanden, als ein Recht auf Tourismus, migrantische Sorgearbeit und Konsum. Arendt hatte Freiheit als öffentliches Handeln in Solidarität verstanden. Wenn auf den Coronaprotesten Freiheit und Liebe skandiert wird, dann zeigt das klar, dass damit nicht gemeinsames Handeln in Solidarität gemeint ist, sondern die Wahlfreiheit zwischen Schnorcheln in Ägypten und Safari in Thailand.
Es kann in diesem Desaster nicht wie in all den Krisen der letzten Jahre um die Suche nach einem schnellen Fix gehen. Wie viele Krisen mehr braucht es denn noch, bis die Wurzeln der Probleme angegangen werden? Die Pandemie legt die desaströsen Zustände des Öffentlichen, Privaten und Sozialen offen. Politik wird als Management des Krisenlivestreams missverstanden. Die Angst vor totalitären Regimen, die verschwörerisch geflüstert wird, steht in krassem Kontrast zur Überforderung der Regierungen wirksame Maßnahmen durchzusetzen und länger als wenige Wochen im Voraus zu planen. Die Lockdowns sind ein verzweifeltes Eingeständnis politischer Ohnmacht. Die Inszenierungen der starken Männer zerbröseln, sobald sie mit einem tatsächlichen Problem konfrontiert werden und nicht nur die öffentliche Meinung surfen, sondern tatsächlich handeln müssten. Doch nicht nur die Schwäche der Öffentlichkeit auch die desaströsen Zustände im Sozialen und Privaten werden deutlich: Der Pflegenotstand ist das deutlichste Symptom einer Vernachlässigung und Verwahrlosung der Sorge für das Leben selbst. Warum sperren wir pflegebedürftige Menschen zu Hunderten in Heime? Warum sind Care-Worker:innen so schlecht bezahlt? Welche rassistischen Strukturen machen es möglich, dass migrantische Pflegekräfte über Monate 24h-Betreuung von alten Menschen leisten müssen und in der Agrar- und Fleischindustrie unter katastrophalen Bedingungen gearbeitet wird.
Das Problem ist nicht Corona. It’s capitalism, darling.
Politik wird mit Metaphern gemacht. Politische Metaphern stiften Sinn in verwirrenden und komplexen Zusammenhängen. Sie bilden Sammelbecken für verschiedene Meinungen und Deutungen. Ihre Anschlussfähigkeit ist sowohl affektiv als auch begrifflich gesehen höher als die technischer Spezialbegriffe. Politische Metaphern vermitteln zwischen Allgemeinem und Besonderem, Öffentlichem und Privatem, Lebenswelt und Expertise. Das volle Boot ist so eine wirkmächtige politische Metapher. „Das Boot ist voll“ bedeutet, dass die Immigration radikal eingeschränkt werden sollte und suggeriert, dass der Staat wie ein Boot wäre, das bei der Aufnahme weiterer Migrant*innen sinken würde. Es bleibt offen, ob man Leute, die aufs Boot klettern würden, wieder ins Wasser stößt, ob irgendwo Land in Sicht ist und ob das Boot ein Rettungsboot ist oder ein Kreuzfahrtschiff. Ob das nun bedeutet, dass man überhaupt keine Aufenthaltstitel mehr vergibt oder nur noch ganz wenige an anerkannte Konventionsflüchtlinge, ob und wie viele Undokumentierte man abschiebt, bleibt vage. Die Metapher gibt also eine politische Richtung vor, lässt aber einen gewissen Interpretationsspielraum. Anstatt Zahlen, Daten, Vorschriften, Gesetze und Programme aufzulisten, vermittelt sie ein für die viele nachvollziehbares Bild.
So wirkmächtig die Metapher des vollen Bootes ist, so falsch ist sie auch. Ein Staat ist kein Boot. Zudem sind einige europäische Staaten eher zu leer als zu voll. Der demografische Wandel übt Druck auf die Sozialsysteme aus und Immigration ist für viele europäische Länder dringend notwendig. Politische Metaphern können den Blick auf komplexe Zusammenhänge demnach auch verstellen, ihre Allgemeinverständlichkeit mit groben Vereinfachungen bezahlen und politische Schlagkraft für falsche Zwecke akquirieren.
Zudem sprechen wir von Symbolpolitik, wenn sich politische Metaphern in vorschnellen Handlungen materialisieren, ohne der Komplexität der Situation gerecht zu werden. Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko ist so ein Symbol. Obwohl klar ist, dass Mauern Migrationsbewegungen nicht aufhalten können, sie eher umlenken und damit die Routen häufig gefährlicher machen, soll diese Grenzmauer errichtet werden, um Handlungsmacht zu demonstrieren und von sozialen und politischen Problemen abzulenken.
Da wirkmächtige Metaphern in der Lage sind die politische Stimmung aber auch konkret die Grenzen zu gestalten, können sie in den falschen Händen viel Schaden anrichten. Sollte deshalb ein rationalerer politischer Diskurs geführt werden, der auf Metaphern verzichtet? Plato hatte einmal vorgeschlagen die Politik durch vollständig rationalisierte Entscheidungen abzuschaffen und ihr so die Vieldeutigkeit und Unabgeschlossenheit zu nehmen. Eine solche technokratische Expert*innenpolitik würde den Bürger*innen aber keinerlei Spielraum lassen. Sie wäre alternativlos, hätte keine Schlupflöcher und Hintertüren mehr. Politik ohne Metaphern wäre hart und kalt wie ein Diamant. Gemeinsam Entscheidungen zu treffen ist nur mit Hilfe einer gewissen Vieldeutigkeit und Offenheit möglich, die die politische Metaphorik bietet, da sie den politischen Raum öffnet, Spielräume für Interpretationen lässt, Konflikt und Diskussionen ermöglicht. Die technischen Sprachen des Rechts und der Verwaltung müssen um ästhetische, atmosphärische und affektiv wirksame Bilder ergänzt werden. Migrationspolitik ist ein notwendiger Übersetzungsprozess, was aber nicht bedeutet, dass jede Metapher hingenommen werden muss; Eine Kritik der Übersetzungen ist unerlässlich. Für eine solche Kritik der politischen Metaphorik kann die Philosophie Impulse geben.
Wittgenstein hatte einmal beklagt, dass sich der Bereich des klar Sagbaren wie eine Insel im gewaltigen Ozean des Unsagbaren ausnähme und alle wirklich wichtigen Dinge nicht präzise gesagt werden könnten. Wie man in Wittgensteins Metapher sehen kann, greift auch die Philosophie auf poetische Bilderwelten zurück. Um komplexe Probleme zu begreifen und zu bearbeiten, sind Metaphern auch für die Philosophie unerlässlich, wenn sie eine öffentliche Praxis sein will und nicht nur ein Spezialgebiet der Wissenschaft.
Die politische Philosophie lässt sich darum auf Analogien und Bilder ein, wenn sie die komplexen Probleme der Migrationspolitik kommentiert. Die analytische Moralphilosophie ist beispielsweise nie um eine Metapher verlegen. Staaten werden mit Clubs verglichen und sollen dann entscheiden dürfen, wen sie aufnehmen und wen nicht, oder sie werden Bademeistern gleichgesetzt, die alle, die in Not sind, aus dem Wasser ziehen müssen. Auch diese Metaphoriken lassen sich in verschiedene Richtungen ausdeuten und bieten einen guten Ausgangspunkt für philosophisch-politischen Streit. So könnte man im Bild des Bademeisters die Pflicht Leben zu retten betonen. Man könnte aber auch den peniblen Ordnungssinn und die willkürliche Grausamkeit, die manche Bademeister an den Tag legen, in den Vordergrund rücken und käme dann zum Bademeister als einer kafkaesken Metapher für den Staat. Auch die Übersetzung der Migrationspolitik in das Bild des Clubs stößt an ihre Grenzen, ist die Funktion von Clubs doch wesentlich partikularer als die von Staaten und zudem ist der Verlust der Staatsbürger*innenschaft nicht vergleichbar mit dem Verlust einer Clubmitgliedschaft.
Der philosophische Streit um wirkmächtige Metaphern schließt direkt an die politischen Aushandlungen an, liefert Bildmaterial und einen Raum, in dem politische Metaphern kritisch beleuchtet werden können. Zudem hat die Philosophie den langen Atem, nach den Weltbildern und dem Selbstverständnis zu fragen, die in der politischen Metaphorik impliziert sind.
Im Anschluss an Wittgensteins Inselmetapher wagte sich der Philosoph Hans Blumenberg ins Meer der Unbegrifflichkeit, um die Lebenswelt mit den Spezialsprachen zu versöhnen. Mit Blumenberg ist die Metapher mehr als ein Medium für politische Kommunikation, mit dem sich viele Menschen erreichen und versammeln lassen: Metaphern sind eine fundamentale Art Sinn zu stiften, auch dort, wo wir nur wenig oder nichts wissen. Ohne Metaphern wären wir demnach orientierungslos. Die Metapher ist eine Art des Weltverstehens, das sich nicht entzaubern und durch Wissenschaft und Technik austreiben lässt. Mit Blumenberg lässt sich die Analyse der politischen Metaphorik um eine Tiefenstruktur der Welterschließung anreichern, die in den großen Metaphern eine philosophische Reflexion auf unser Selbstverständnis sieht. Auch die politischen Metaphern können dann philosophisch interpretiert werden und die politische Öffentlichkeit kann als ein Raum verstanden werden, in dem wir auch auf einer philosophischen Ebene grundlegend über unser Selbstverständnis verhandeln. Große politische Metaphern bestimmen nicht nur über politische Programme, sondern stiften auch einen fundamentalen Sinn, indem sie vorzeichnen, wer wir sind und wer wir werden könnten.
Blumenberg hat eine Analyse einiger großer Metaphern hinterlassen. Bekannt geworden ist seine Genealogie der Metapher des Schiffbruchs. Blumenberg findet die Metapher des Schiffbruchs überall in der europäischen Geschichte und deutet sie als Bild für die existenzielle Lage der Menschen. In seiner Genealogie des Schiffbruchs forscht er den verschiedenen Verwendungen der Metapher nach und macht drei größere Brüche in der Darstellung des Schiffbruchs aus.
Da ist zum einen die Einführung eines erhabenen Zuschauers durch Lukrez im 1. Jh. v. Chr. Dieser Zuschauer betrachtet den Schiffbruch vom sicheren Land aus. Er geilt sich dabei nicht am Leid der anderen auf, er wird sich vielmehr seiner eigenen, sicheren Position bewusst. Dieses Bewusstsein des festen Standpunkts ist das Selbstbewusstsein eines kontemplativ Betrachtenden, nicht die Involviertheit eines*r Arbeitenden. Es ist ein Modell der Subjektivierung, eine Aufforderung nicht in den Wirren des Lebens zu versinken, sondern eine sichere und ruhige Zuschauer*innenposition einzunehmen.
Den zweiten Bruch findet Blumenberg in der Neuzeit, die die antike Kontemplation durch das experimentelle Tun und die Kolonisierung ersetzt. Der Schiffbruch wird in der Neuzeit als Folge eines Wagnisses interpretiert, das eingegangen werden muss, will man sein Leben nicht mit Langweile verschwenden. Nicht mehr die ruhige Kontemplation vom festen Land sondern Neugier und Risikobereitschaft der Kolonialisten und Forschenden werden nun attraktiver als der sichere Standpunkt.
Die Moderne lässt den Zuschauer in einem dritten Bruch schließlich ganz wegfallen. Der sichere und feste Standpunkt, von dem aus das Scheitern der Welt betrachtet werden könnte, verschwindet aus der Metapher. Die Modernen treiben alle durch einen gewaltigen Schiffbruch und versuchen aus den Trümmern der zerbrochenen Schiffe neue Schiffe zu bauen oder die Schiffe auf der Fahrt umzubauen und zu erweitern. Während die Fortschrittsgläubigen diesen Schiffbau während der Fahrt als konzertierte Aktion, angeleitet von Wissenschaft und Technik, vorstellten, finden sich die Postmodernen mit der ekklektizistischen Bastelei zu irgendwie schwimmenden Flößen statt. Doch das ist schon eine spekulative Fortsetzung von Blumenberg, dessen Erzählung mit der Moderne abbricht.
Seit die Migrationsbewegungen ein zentrales politisches Thema in Nordeuropa wurden, wird die Metapher des Schiffbruchs ausgiebig verwendet. In dieser Verwendung der Metapher des Schiffbruchs spiegeln sich ein philosophisches und politisches Selbstverständnis, das eine weitere Untersuchung einfordert. Im Anschluss an Blumenberg lohnt sich ein zweiter Blick auf das viel gezeigte Pressefoto von Massimo Sestini aus dem Jahr 2014. Es zeigt ein voll besetztes Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer aus der Vogelperspektive.
Die Vogelperspektive wendet Blumenbergs Genealogie des Schiffbruchs ein weiters Mal: Die Zuschauenden werden wieder eingeführt. Anstatt auf dem festen Land zu stehen, hat sich die Zuschauer*innenposition aber in die Luft erhoben. Diese flüchtige Position verweist auf die Kontroll- und Sicherheitstechnologie als Medium der Reflexion. Gottesgleich blickt die Kamera aus dem Himmel. Zwar wurde die Fotografie noch von einem Fotografen gemacht, die Vogelperspektive weist aber über den*die menschliche Betrachter*in hinaus. Einzig die nach oben schauenden boat-people, von denen einige die Arme ausbreiten, machen klar, dass die Aufnahme aus einem Hubschrauber aus gemacht sein muss. Aus diesem Winkel würden aber auch die Drohnen und Satelliten des Grenzregimes den drohenden Schiffbruch überwachen.
Die Vogelperspektive der Zuschauenden ist keine Rückkehr zur antiken Kontemplation, die nach Wahrheit strebt. Es ist eine bewege Form der Kontrolle, deren Ziel der möglichst effektive Eingriff ist. Die gewaltigen Informationsmengen, die durch Überwachung angehäuft werden, werden mit Hilfe intelligenter Programme geordnet und sollen Prognosen über die Zukunft ermöglichen. Präemptive Eingriffe resultieren aus dieser Beobachtungsform. Noch bevor sich die Ereignisse entfalten, soll ein gezieltes Eingreifen an entscheidenden Orten möglich werden, das die Zukunft wesentlich verändert. Das Experimentierfeld dazu bietet der Krieg gegen den Terror, in dem die Drohnen mit Waffen bestückt werden.
Auch in einem zweiten Punkt unterscheidet sich die Vogelperspektive des 21.Jh. von der antiken Kontemplation. Während die Kontemplation eine Perspektive einnimmt und von diesem Standpunkt aus die Wahrheit fasst, ist die Vogelperspektive umfassender. Ihre Bewegung ist der Zoom durch alle Größenordnungen. Die Perspektive des Kontrollapparats ist multiskalar und global. Damit unterscheidet sie sich auch von der experimentellen Involviertheit der neuzeitlichen Kolonialisten: Die Drohne ist die Maschine, die das Wagnis überflüssig macht. Aus der Involviertheit wird eine globale Steuerung, die aus den gewaltigen Datensätzen der Überwachung die effektivsten Eingriffsmöglichkeiten berechnet. Nicht das koloniale Wagnis oder das Experiment sind ihr Paradigma, sondern die Simulation, die Hochrechung aufgrund statistischer Werte, deren Ziel der präzise Eingriff ist.
Die Zuschauer*innenposition der gegenwärtigen Schiffbrüche ist die einer kontrollierenden Macht, die jeden Strom und jede Bewegung steuern möchte, einerseits um Gewinn abzuschöpfen andererseits aber vor allem um mächtiger zu werden: Ziel ist es Gamechanger zu sein und die Ströme zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit minimalem Aufwand umzuleiten. Von der antiken Kontemplation über das neuzeitliche Wagnis kann Blumenbergs Genealogie zur Steuerung fortgeführt werden. Subjekt werden wir, wenn wir steuern. Allerdings nicht mehr wie ein Steuermann oder eine Steuerfrau auf einem Schiff anhand der Sterne, sondern aus dem real gewordenen Ideenhimmel heraus.
Die Hierarchien in Sestinis Bild sind alles andere als flach, wie das noch im modernen Bild des Schiffbruchs, in dem alle im Wasser ums Überleben ringen, gespiegelt wurde oder wie das die Rechte versucht zu suggerieren, indem sie uns alle zu Schiffbrüchigen macht. Europa schaut durch hochgerüstete Hightech auf die Migrant*innen, die teilweise nur dabei haben, was sie am Körper tragen. Sestinis Bild liefert eine humanitäre Perspektive auf das bloße Leben: Der Westen schaut aus der Höhe auf das nackte Leben der Schiffbrüchigen. Die Migrant*innen tauchen darin als handlungsunfähige Objekte auf, denen durch Charity und humanitäre Unterstützung geholfen werden muss, deren Leben gerettet werden muss. Sie werden zum Auslöser humanitärer Einsätze, die dort, wo staatliche Zuständigkeiten fraglich werden, ausgerufen werden, um Leben und Sterben zu verwalten. Die technologisch hochgerüstete Grenz- und Kriegsmaschinerie wird in einem ihrer humanitären Einsätze gezeigt. Das Bild zeigt Europas Möglichkeit zu Handeln, seine Überlegenheit und Stärke.
Die Crux der humanistischen Perspektive liegt in dieser Hierarchisierung. Sie markiert einen Bereich außerhalb der Ordnung der Staaten, in dem Menschen auf ihr nacktes Leben reduziert werden. Zugriff auf dieses nackte Leben wird dann möglich gemacht, durch die Reproduktion des Notstands, der von der seltsamen Assoziation von Militär, Polizei, privaten Firmen und NGO’s verwaltet wird. Die Tragik des humanitären Blicks liegt darin, dass er das, was er bekämpfen will, beständig selbst reproduziert: das nackte Leben. Die hierarchische Perspektive des Bildes zeigt eine Machtkonstellation, die oben und untern klar bestimmt. Damit reproduziert es das Machtgefälle und bleibt der Metapher des einseitigen Schiffbruchs treu. Die da unten erleiden Schiffbruch und die da oben bringen mit ihrer technologischen Überlegenheit die Rettung.
Wenn wir Blumeberg folgen und in der Schiffbruchsmetapher ein Selbstportrait erkennen, zeigt es die Europäer*innen als technologisch hoch gerüstete, aus der Luft agierende Handelnde, die das nackte Leben überwachen und steuern. Mit Foucaults Begriffen der Kontrolle und der Biopolitik lässt sich dieses europäische Selbstverhältnis fassen: Die Europäer*innen sind diejenigen, die das nackte Leben überwachen und kontrollieren.
Was Sestinis Bild nicht zeigt, sind die Migrant*innen selbst. Sie werden als Masse dargestellt, Individuen sind kaum erkennbar. Das nackte Leben hat keine Perspektive, es wird nur als Objekt behandelt und nicht als Subjekt. Es sind nun aber nicht nur das Militär und die Grenzpolizei, die über die Steuerungsperspektive verfügen. In rudimentärer Version findet sich die Steuerung auch bei den Migrant*innen, die ihre Position per Smartphone abgleichen und versuchen aus informellen Netzwerken eine möglichst große Menge an Daten zu gewinnen, auf Grundlage derer Entscheidungen über Routen getroffen werden. Sestinis Bild lässt das außen vor und antwortet nicht auf die Frage, wer die Migrant*innen sind. Um diese Fragen zu klären, müsste die Perspektive radikal gewendet werden und andere Metaphern für die Migration über das Mittelmeer gesucht werden.
Eine horizontalere Geschichte des Schiffbruchs wurde über die Schwestern Yusra und Sarah Mardini erzählt. Die beiden Schwimmerinnen hatten mit anderen Insassen ein leckes Boot schwimmend nach Lesbos gezogen und alle Insassen gerettet. Yusra trat später bei den olympischen Spielen 2016 an. Ihre Geschichte ist beeindruckend, doch warum funktioniert sie als politische Metapher, die es in die Massenmedien schaffte? Die Geschichte zeigt, dass die Schiffbrüchigen aus Syrien einer säkularen, disziplinierten und gebildeten Mittelschicht angehören, die sich schnell integrieren und auf eigenen Füßen stehen können. Sie vermeidet den humanitären Blick und erzählt von den demütigen Held*innen, die Leben retten und dabei ganz bescheiden bleiben. Es schwingt die Behauptung mit, dass alle die Flucht und den sozialen Aufstieg schaffen könnten, wenn sie hart arbeiten. Die Metapher erzählt zudem die Erfolgsgeschichte des Feminismus. Da die Mädchen Schwimmen lernen konnten und auf dem Weg waren Profisportler*innen zu werden, konnten sie im entscheidenden Moment Leben retten.
Es ist eine Geschichte des Schiffbruchs, die ohne kontrollierende Zuschauer*innen auskommt, da sich die Flüchtenden selbst kontrollieren. Das Interview und das Portrait sind ihre ästhetischen Formen. Der feministische Impuls, die Handlungsfähigkeit und das Verantwortungsgefühl, die den Flüchtenden zugeschrieben werden, emanzipieren sie im Verglich zum nackten Leben, das aus der Vogelperspektive betrachtet wird.
Die Perspektive, aus der diese Geschichte erzählt wurde, war zumeist eine, die behauptete, dass die Flüchtenden so wären, wie „wir selbst“ wären. Darin zeigt sich gleichzeitig die Begrenzung der Perspektive dieser Held*innengeschichte. Die Identifikation mit den Schwimmerinnen glättet die Geschichte zu einer märchenhaften Erzählung eines starken Subjekts, das durch Selbstdisziplin führen kann. Es ist die Geschichte der sozialen Markwirtschaft: Die wenigen Unternehmer*innen, die sich selbst führen können, sorgen für die Schwächeren und ziehen das Boot. Die Emanzipation durch Bildung und Disziplin macht das möglich. Die Migrant*innen, die Europa erreichen, werden durch den Schiffbruch zu Europäer*innen.
Wieder finden wir uns in der Geschichte des Schiffbruchs selbst und sind einem Perspektivwechseln nur ein wenig näher gekommen. Es fehlen Bilder, die die Perspektive der Migrant*innen einnehmen und dabei weder in humanitären Katastrophenbericht oder Assimilationsgeschichte abdriften. Dadurch bleibt offen, welche neuen Subjekte durch den Schiffbruch geschaffen werden. Die Geschichten der Migrant*innen von ihrer Überfahrt müsste im politischen Diskurs Europas eine Stimme bekommen. Sie aus dem Diskurs heraus zu halten und ihnen politische Rechte vorzuenthalten, fordert eine politische Ästhetik der Abschottung, die sich erschreckend schnell in Zäunen, Mauern du Lagern manifestiert.
Der Kampf um die Hoheit über Schiffbruchsmetapher könnte über die europäische Zukunft entscheiden. Denn der Schiffbruch ist nicht irgendeine politische Metapher. Die Metapher des Schiffbruchs markiert historische Umbrüche, indem sie im eine neue Subjektivität und eine neue Gemeinschaft entstehen lässt. Sie findet sich daher in vielen Gründungsmythen. Odysseus erleidet jahrelangen Schiffbruch, bis er am Ende wieder nach Hause und zu sich selbst findet. Dieser Schiffbruch markiert hier Ende eines mythischen Weltbildes und steht für ein neues Selbstbewusstsein der griechischen Bürger. Moses Schiffbruch im Binsenkörbchen leitet den Auszug der Israeliten aus Ägypten ein. Jesus wandelte übers das stürmische Wasser des Sees Genezareth, versammelte so die Gemeinschaft der Menschenfischer und gründete das Christentum.
Wieder einmal ist der Schiffbruch zur zentralen Metapher für einen politischen Umbruch und gleichzeitig zur grausamen Realität geworden. Die Reaktionen auf diesen Schiffbruch und die Geschichten, die wir uns über ihn erzählen, werden entscheiden, wer wir selbst sind und in welcher Form von Gemeinschaft wir leben werden. Die Kontrollperspektive auf das nackte Leben und die emanzipatorische Assimilationsgeschichte der Schwimmerinnen sind zwei Möglichkeiten den aktuellen Schiffbruch zu fassen. Es sind beides ängstliche Möglichkeiten. Welche anderen Bilderwelten des Schiffbruchs wären möglich? Welche neuen Subjekte und welche neue Gemeinschaft könnten aus dem Schiffbruch im Mittelmeer entstehen? Anstatt uns die Geschichten der Abschottung und der Assimilation zu erzählen, könnten wir beginnen, gemeinsame Geschichten zu finden, transnationale Geschichten, transeuropäische Geschichten. Der Schiffbruch könnte auch die Geschichte der Entstehung eines politischen Gemeinwesens fassen, dessen Zentrum nicht in Brüssel, Berlin oder Straßbourg liegt, sondern mitten im Mittelmeer. Die politische Metaphorik dafür muss erst noch erschaffen werden.
Über dem aufgegebenen alten Hafen steht eine Frau aus Stein und schaut auf den Atlantik. Auf der Plakette am Sockel steht: Frau eines Fischers. Im Dorf gibt es kaum mehr Fischer. Bei Sturm werden schillernde Quallen angespült, portugiesische Galeeren, mit ihren meterlangen Tentakeln. Ansonsten kommen täglich europäische Tourist*innen und sammeln sich abends in den Restaurants.
Neben der Statue sitzt M. auf ihrer Terrasse und singt Popsongs. Sie vermietet ihr Schlafzimmer übers Internet und mit einem bunten Pappschild im Fenster. Wenn Touristen da sind, zieht sie mit ihrem Sohn auf das Sofa ins Wohnzimmer. Trotz der malerischen Lage ihres Hauses und des mit Abstand niedrigsten Preises im Dorf ist sie damit nicht allzu erfolgreich. Sie kommt gerade so durch.
In ihrem Fenster steht eine Kopie der Frauenstatuen der indigenen Guanchen. Die Tonstatue wartet nicht auf irgendjemanden, sie ruht im Schneidersitz auf ihren gewaltigen Oberschenkeln. Bei Ausgrabungen war man auf diese Tonstatuen gestoßen und hatte auf eine maternalistische, indigene Kultur geschlossen. Die Kolonisation hat diese Kultur größtenteils vernichtet. Wer nicht in den indigenen Rebellionen getötet worden war, wurde durch ein hartes Arbeits- und Reproduktionsregime unterworfen. Die indigene Kultur löste sich in der Kultur der Kolonisatoren auf und geblieben sind nur noch einige Hybride, wie die Pfeiffsprache „El Silbo“ oder die traditionellen Ringkämpfe, die sich als Touristenattraktionen vermarkten lassen und gleichzeitig sozialen Zusammenhalt schaffen.
M. war vor einem Jahr von Gran Canaria aus mit der Fähre gekommen, war vorbei gefahren an den stählernen Skeletten der Ölbohrplattformen, die im Hafen von Las Palmas liegen, nach und nach abgewrackt werden. M. und ihr Sohn waren in das malerisch herunter gekommene Haus auf Fuerte Ventura gezogen, in dem ihr Vater bis zu seinem Tod gewohnt hatte. Schräg gegenüber liegt ein Restaurant, das nicht nur Fisch und Meeresfrüchte serviert, sondern auch als Umschlagplatz für Kokain und Marihuana dient. Zwielichte Gestalten nutzen den Nebeneingang, was den Tourist*innen aber nicht auffällt, die ihr Sohn und seinen Freunden beim Ballspielen zuschauen und den Blick aufs Meer genießen, über dem die bunten Segel der Kitesurfer*innen tanzen.
Zweimal pro Woche kommt ein Rockerpärchen vorbei und untermalt die Sehnsucht der angereisten Städter*innen mit Musik. Sie legen ein Stromkabel aus dem Restaurant, stellen ihr Equiment auf den Sockel der Frauenstatue direkt vor M. Haus und spielen ihr immergleiches Programm. Die beiden großen Boxen beschallen den ganzen Hafen. Manchmal tanzen angetrunkene Tourist*innen.
M. kennt mittlerweile jede Zeile und jeden Riff des Programms. Sie ist genervt von der Melancholie und Tristesse der Songs. M. selbst singt lebensfrohe Popsongs, die Geschichten aus der ganzen Welt erzählen. Vielleicht wartet die Statue vor der Tür nämlich nicht nur auf die Heimkehr der Männer, vielleicht träumt sie sich hinaus über den Atlantik und wartet auf eine Gelegenheit, die Insel endgültig zu verlassen. M. übt Gitarre und nimmt Gesangsstunden, um bald in den Restaurants auftreten zu können.
Jeden Dienstag und Donnerstag fragt M. die beiden Rocker*innen, ob sie nicht leiser spielen könnten, aber die zucken nur mit den Schultern. Die Tourist*innen würden es mögen. Der Besitzer des Restaurants zahle eine kleine Gage. Der Platz sei ideal und sie kämen ja nur zwei Mal die Woche.
Ihr Kind kann zwei Mal die Woche nicht schlafen. M. hat darum versucht die Polizei zu holen, damit wenigstens ab 22h Ruhe ist. Manchmal kam die Polizei sogar, aber jedes Mal verschwand sie im Restaurant, um danach tatenlos abzuziehen.
In zwei Wochen hat M. ihr erstes Konzert in einem Restaurant am neuen Hafen. Sie übt den ganzen Tag. Seit Donnerstagmittag sitzt sie auf der Terrasse und singt. Die Band baut auf und beginnt zu spielen. Sie singt einfach weiter, auch wenn sie nicht ankommt gegen die Lautsprecher. Eine Freundin kommt vorbei und summt mit. M. steht auf und geht zielstrebig ins Restaurant. Sie streitet sich mit dem Besitzer, vor den Gästen.
Sie kommt totenblass zurück und stolpert ins Haus. Eine Freundin hinterher.
„Er ruft die Menschen an, die Kinder holen.“
Sie läuft hektisch um den Tisch.
„Er nimmt mir meinen Sohn weg.“
Die Freundin hält sie fest und legte ihr die Hände auf die Schultern.
„Was hat er gesagt?“
„Er hat gesagt, wenn ich nicht aufhöre zu singen und mich noch einmal beschwere, ruft er die Menschen an, die kleine Kinder mitnehmen, und nimmt ihn mit weg. Er ist gefährlich. Er dealt Koks.“
Die Freundin setzt M. auf einen Stuhl am Tisch und holt ein Glas Wasser. Dann geht sie raus und kommt mit der Rockerin zurück. M. schluchzt aufgelöst. Die drei Frauen sitzen am Tisch.
„Er blufft nur.“, sagt die Rockerin tröstend, „er ist auf Koks.“
„Wie könnt Ihr für so ein Monster spielen?“
„Wir…“
„Er darf das nicht tun! Ich rufe die Polizei! Ich…“
Die drei sitzen da.
„Wir werden aufhören heute. Und wir werden leiser spielen, vor allem nachts.“
M. weint leise. Die Freundin streichelt ihren Rücken.
Die beiden Rocker packen ihr Equipment ein. Die Tourist*innen essen Fisch. Die Guanchenstatue sitzt im Fenster. Die Frau aus Stein schaut aufs Meer.
Die Menschen reden nicht mehr miteinander und wenn doch, dann schreien sie sich Hitlervergleiche an den Kopf oder gehen gleich aufeinander los. Ist diese Krisendiagnose gestellt, sind die Schuldigen dafür meist schnell gefunden: Die sozialen Medien fingen die Menschen in ihren Filter Bubbles und Echo Chambers ein und radikalisierten sie. Anstatt sich gemeinsam zusammenzusetzen und nach einem Konsens zu suchen, verschwänden alle vereinzelt in ihren Smartphones und überböten sich dort in einem Wettbewerb der Grenzüberschreitungen. Populismus wäre die logische Konsequenz der Internetmedien und ebenso die autoritäre Konzentration von Macht. Ganze Gesellschaften würden so gespalten und Dialoge im Gezeter und Geschrei der enthemmten Aufmerksamkeitsökonomie verunmöglicht. Das Bequeme an dieser Erklärung: Niemand trägt die Verantwortung. Auf die Stein-, folgt die Bronze und Eisenzeit und jetzt wäre eben das Computerzeitalter. Da könne mensch nichts machen. Appelle an die Besitzer:innen sozialer Medien, gewaltvolle Kommunikation und Falschinformationen zu löschen, verhallten machtlos. Den Individuen sei auch nichts vorzuwerfen, schließlich würden sie von der Technik ebenso verführt, wie von schamlosen Populist:innen.
So interessant diese digitalen Vereinsamungsdiagnosen sind, so unvollständig sind sie auch. Gleichzeitig zur ideologischen Einkapselung haben die Menschen nämlich begonnen, so viel und intensiv politisch miteinander zu kommunizieren, wie vielleicht noch nie in der Geschichte. Die Welle des autoritären Populismus kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in einem gewaltigen Demokratisierungsschub leben. Politische Diskussionen und Debatten haben in den letzten zehn Jahren massiv zugelegt. Migration, Klima, Geschlecht, Rassismus oder Corona: In fast jeder Familie und fast jedem Freund:innenkreis prallen Meinungen aufeinander. So oft und beständig, dass die Menschen einen gewaltigen Appetit auf Fakten, Argumente und Rhetorik entwickelt haben, den sie in einer Vielfalt an Medien stillen, die es so vermutlich noch nie gab. In all diesen Streits und Gesprächen werden die Sollbruchstellen und Abgründe deutlich, die selbst zwischen Verwandten und Freund:innen, Kolleg:innen und Bekannten liegen. Mitten im Alltag werden jetzt private Meinungen hochskaliert und auf ihre politische Tragweite hin abgeklopft. Die Demokratie radikalisiert sich: Anstatt nur elitäre Repräsentation zu sein, verwurzelt sie sich in den Gesellschaften. Es sind nicht die Intermetmedien, die Gesellschaften spalten. Sie führen nur die Spaltungen vor Augen, die jahrelang keine Repräsentation gefunden haben. Die Spaltungen der Gesellschaft liegen offen und es ist erstaunlich, wie tief die Gräben und wie groß die Unterschiede sind. Das ist dann auch der wahre Kern von so abstrusen Verschwörungserzählungen wie der von Echsenmenschen: Wir haben jahrelang eng mit Menschen zusammengelebt, die teils konträre Grundüberzeugungen hegen.
So schmerzhaft und aufwühlend die Debatten und Streits sind, so notwendig ist es auch, die Probleme, Ungleichheiten, Spannungen und die offene oder latente Gewalt endlich zu benennen. Ohne ideologische Gräben kann es keine Debatten geben und ohne Debatten kann es keine Demokratie geben und das Fehlen von Ideologien führt letztlich dazu, dass die Regierenden an den Gesellschaften und ihren Problemen vorbei regieren.
Endlich reden die Menschen. Endlich streiten sie.
Es ist dabei tatsächlich problematisch, dass die soziopolitischen Spaltungen von sozialen Medien kapitalisiert werden. Erschreckend ist allerdings, wie undemokratisch viele Menschen sind, wie wenig Streitkultur es gibt und wie undifferenziert und geschichtsblind, wie aggressiv und gewaltbereit so viele auf andere losgehen. Erschreckend ist, wie wenig Anerkennung es gibt für andere Positionen, noch erschreckender aber, wie gewaltvoll diese Streite von einigen eskaliert werden: infame Geschichtsvergleiche, Relativierungen der Shoa, Beleidigungen, Rassismus, Sexismus, Drohungen und Handgreiflichkeiten, die Weitergabe von Adressen an rechtsextreme Schlägertrupps, Beleidigungen, die sich zu Shitstorms steigern: Es fehlt an einer warmen Höflichkeit und damit meine ich kein gestelztes Gehabe oder Heiteitei, sondern eine Haltung der unbedingten Solidarität, die keine Gleichheit einfordert, sondern pluralistisch auf Verhandlung setzt. Es fehlt am Grundverständnis von Demokratie.
Die Steits haben eine materielle Basis: Am Grund der gewaltvollen Eskalation der Streite liegen gewaltige Krisen. Die Konflikte sind Ausdruck der Vielfachkrisen der letzten Jahrzehnte, die sich nicht mehr durch immer neues Wachstum überdecken lassen. Peak Everything ist überschritten. Parallel mit dem Wohlstand der wachsenden Mittelschichten wuchsen die Verwüstungen und Erschöpfungen. Der Kipppunkt, an dem der Sturm der Geschichte und des Fortschritts von den Stürmen der Klimaerhitzung an Stärke übertroffen werden, ist überschritten. Die Parabelflüge der Milliardäre ins All sind wie ein Bild auf die Moderne: Auf den Aufstieg und die Schwerelosigkeit folgt unweigerlich der Abstieg.
Die Menschen im globalen Norden wissen, dass sie auf Kosten anderer leben und sie wissen, dass sie ihr Leben nur durch Gewalt stabilisieren können. Es ist ihnen auch klar, dass Verteilungskämpfe anstehen und dass ihre Gewalt nicht mehr hingenommen wird, sondern zunehmend auf Widerspruch stößt. Die Gewalt der politischen Debatten ist eine Antwort auf die gewaltvolle Grundkonstitution unserer Gesellschaften. Es ist keine gute Antwort.
Aber Gewalt muss nicht mit Gewalt beantwortet werden. Die großen linken Protestbewegungen der letzten Jahre haben sich alle gegen Strukturen der Gewalt positioniert, die in privaten Beziehungen, Gefängnisse, Polizei, Recht, Politik und Naturverhältnis über Jahrhunderte normalisiert wurden. Sie wollen diese alltägliche Gewalt nicht mehr hinnehmen und aus den Teufelskreisen von Gewalt und Gegengewalt aussteigen. In den solidarischen sozialen Bewegungen der letzten Jahre wurden die Grundsteine für einen sozialen und politischen Wandel gelegt, die so radikal sind, dass sie durchaus als revolutionär bezeichnet werden können. Und wer die Vorsicht, Anteilnahme und transnationale Solidarität dieser Bewegungen erlebt hat, weiß, dass die Zukunft noch lange nicht verloren ist. Es ist den (queer-)feministischen, ökologischen und antirassistischen Bewegungen der letzten Jahre nicht nur gelungen, die Menschen für Gewalt zu sensibilisieren, sie haben gleichzeitig gewaltfreie Formen des Zusammenlebens weiterentwickelt.
Das Klima auf der Erde wird gemeinsam mit dem Klima der Debatten rauer. Die Klimakrise ist ein noch kaum fassbares Desaster. Für die Debattenkrise ist es höchste Zeit. Für einen demokratischen Wandel der Gesellschaft sind Verhandlungen und Positionierungen ebenso unabdingbar wie Streits und Polemiken. Wie immer in der Geschichte bleibt allerdings offen, ob die großen Umbrüche, die in diesen revolutionären Zeiten anstehen, friedlich oder gewaltvoll, demokratisch oder herrschaftlich gestaltet werden. Ob die Revolution oder die Konterrevolution gewinnt: Der Streit darum ist in vollem Gang.